Weihnachtskonzert '18

Oberschwäbisches Kammerorchester glänzt

Von Babette Caesar

Rund 400 Besucher haben am Sonntagabend den Schwörsaal gefüllt. Das Weihnachtskonzert des Oberschwäbischen Kammerorchesters unter Leitung von Marcus Hartmann erfreut sich seit Jahren einer immer größer werdenden Beliebtheit. Dieses Mal übernahm Organist Georg Enderwitz den Solopart, wofür das Orchester eine schwergewichtige Truhenorgel von Wangen nach Ravensburg transportierte. Sie stand im Mittelpunkt von Georg Friedrich Händels 1738 veröffentlichtem Orgelkonzert.

Dass Dirigent Marcus Hartmann Jahr für Jahr eine erlesene Werkauswahl trifft, hat sich längst herumgesprochen und stößt auf viel Gegenliebe. Es sind weniger die häufig zu Weihnachten gespielten opulenten Klassiker, sondern selten Aufgeführtes großer Komponisten. So von Henry Purcell, Georg Friedrich Händel, Felix Mendelssohn-Bartholdy und Carl Nielsen zum diesjährigen Weihnachtsfest. Hierfür war das Podium an einer der kurzen Seiten des Saals platziert, sodass die Besucherreihen bis an das andere Ende reichten.

„Ich hab’ das Gefühl, der Saal ist voller als sonst“, war von Besucherseite zu hören, und gefühlt konnte man auch diesen Eindruck bekommen.

Los ging es mit Purcells 1695 wiederaufgeführter Spielmusik zum Trauerspiel „Abdelazer“ für kleines Streichorchester, das die britische Schriftstellerin, Spionin und Feministin Aphra Behn 1676 verfasst hatte. Der Ouvertüre folgen mit Air, Minuet, Jig und Homepipe Zwischenspiele, von denen das Rondeau zum meist Gehörten zählt. Das, weil beispielsweise Benjamin Britten die Melodie als Hauptthema für sein „The Young Person’s Guide to the Orchestra“ wählte. So ließ das Kammerorchester mit Orgel diesen Klassiker in seiner originalen Fassung erklingen. Höfisch getragene Phrasierungen wechseln hinüber zu bewegten Motiven, die sich zu festlichen Klängen steigern, sich aber nie überbordend oder dick aufgetragen geben. Hervor stechen die lebhaften Dialoge zwischen Violinen und Bratschen einerseits, Celli und Kontrabässen andererseits.

Truhenorgel kommt zum Einsatz

Im Mittelpunkt dieses Weihnachtskonzertes stand Händels d-Moll-Orgelkonzert Nr. 10. „Sie sind ein wunderbares Publikum, für das wir gerne jedes Jahr hier musizieren und uns Neues ausdenken“, wandte Hartmann sich an die Zuhörer. Mit einiger Muskelkraft haben die Musiker dieses Mal eine Truhenorgel in den Schwörsaal transportiert. Das seltene Instrument ist in der Wangener St.-Martinskirche beheimatet, wo Georg Enderwitz seit 2001 Kirchenmusiker ist. Ein lyrisch gefärbter Orgelauftakt leitet das viersätzige Werk ein, wonach mit dem Allegro cosi cosi ein wechselseitiges Zusammenspiel zwischen Streichern und Tasteninstrument beginnt. Händel habe seine Orgelkonzerte in der Regel während der Pausen großer Oratorien-Aufführungen auf einem eigens für ihn gebauten Orgelpositiv gespielt, ist im Programmheft nachzulesen. Eben diese vergleichsweise intime, kammermusikalische Atmosphäre galt es den Interpreten zum Ausdruck zu bringen. Insbesondere mit dem nachfolgenden Organo ad libitum im Stil einer Fuga, deren zeitlich versetzte Orgelstimmen sich zu einer Einheit fügten.

Romantisches Schwelgen

Von Robert Schumann erhielt Felix Mendelssohn-Bartholdy den Beinamen „Mozart des 19. Jahrhunderts“ aufgrund seiner Popularität. Zu hören gab es am Abend seine h-Moll-Jugendsinfonie Nr. 10, die er 1823 als Vierzehnjähriger komponierte. Der homogene, unterschwellig aufgeladene Klangkörper bricht nach dem Adagio in ein bewegtes Kreisen auf. Beginnt temperamentvoll zu schwelgen und zeichnet sich durch eine austarierte, transparente Artikulation aus.

Demgegenüber gestellt war die 1888 entstandene Kleine Suite a-Moll op. 1 des dänischen Komponisten Carl Nielsen. Ihre drei Sätze konzentrieren sich stark auf die Abfolge verschiedener Stimmungen. So heben die Celli im Präludium in düsteren Klangfarben an, während Violinen, Bratschen und Kontrabässe vibrierend und flimmernd in große Höhen aufsteigen und ein Bild endloser Weite beschwören. Es folgt ein lebhafter Walzer als „Intermezzo“, bevor sich im Finale die Instrumentengruppen gegenseitig anfeuern und vereinen, um sich mit einem Allegro con brio zu verabschieden.

Die Truhenorgel spielte wurde extra von Wangen nach Ravensburg transportiert. (Foto: Babette Caesar)

Schwäbische Zeitung vom 26. Dezember 2018