Sommerserenade 2017

Belcanto und Orchesterpracht

Serenade des Oberschwäbischen Kammerorchesters im Klosterhof

Von Dorothee L. Schaefer

Weingarten / sz Das Wetter hat bei der Serenade des Oberschwäbischen Kammerorchesters am Samstag unter der Leitung seines Dirigenten Marcus Hartmann und mit dem Bassisten Manfred Blassmann im windgeschützten Innenhof der PH Weingarten mitgemacht. Und so konnte das wie immer große Publikum sich auf ein anspruchsvolles Konzert mit einem Orchester freuen, das neben der üblichen Streicherbesetzung weitere 13 Bläser und damit Symphonieorchesterstärke aufwies.

Großer Sound gleich zu Beginn mit dem Ohrwurm der Ouverture zur Oper „Donna Diana“ von Emil Nikolaus von Reznicek, eines deutsch-österreichischen postromantischen Komponisten. Wie im sehr informativen Programmheft nachzulesen war, lohnt auch die Beschäftigung mit seiner Biographie. Mit rhythmischem Schwung und eingängiger Melodik gräbt sich dieses Stück immer wieder ins Gedächtnis ein.

Danach der Auftritt des Gesangssolisten, der mit insgesamt vier bekannten Arien das Publikum schon beim ersten Ton für sich einnahm. Der 37-jährige, hochgewachsene Bassist hat in Freiburg Musik studiert und seine Stimme in Meisterkursen weiter entwickelt. Ein großes Volumen, aber eine ebenso große Wärme strahlt seine Stimme aus, außerdem ist er ein sehr genauer Darsteller in der Artikulation der Texte. Leporellos Liste der verführten Frauen „Madamina, il catalogo è questo“ aus „Don Giovanni“ war somit gleich eine Glanzpartie, bei Sarastros „In diesen heilgen Hallen“ aus „Die Zauberflöte“ gingen die tiefsten Basstöne etwas an die Stimmgrenze.

Danach interpretierte das Orchester sechs „Altniederländische Tänze op. 46 A“ von Julius Röntgen, die sich zwischen mittelalterlicher Melodik und barockem Klangspektrum entspannen, mit sehr schönen Klarinetten- und Flötensoli, einer exzellenten Pauke und sehr guten Cellopassagen. Die Arie des Kerkerwächters Rocco aus Beethovens „Fidelio“ mit dem beziehungsreichen Titel „Hat man nicht auch Gold beineben“ brachte Manfred Blassmann auch darstellerisch markant dar. Bizets hübsches „Adagietto F-Dur“ aus der „L'Arlésienne“-Orchestersuite war ein kompositorisch gutes Bindeglied zum Belcanto eines Vincenzo Bellini, dessen Cavatine des Rodolfo „Vi ravviso, o luoghi ameni“ aus der Oper „La sonnambula“ wieder ein Paradestück für den Bassisten darstellte. Und nach herzlichem Beifall ließ dieser – mit schwarzem Umhang und kerzenbeleuchteter Laterne – als Nachtwächter noch ein „Liebe Leute, lasst Euch sagen …“ ertönen, das vom kurzfristig zum Zupforchester mutierten Ensemble leise begleitet wurde.

Flöten und Oboen glänzen

Der zweite Teil des Konzerts galt Joseph Haydns seltener gespielter Sinfonie Nr. 99 Es-Dur in vier Sätzen, die mit einem Adagio sehr besinnlich getragen beginnt und sich dann zum Vivace assai steigert. Auch im zweiten Adagio kamen die Steigerungen des Hauptthemas in verschiedenen Variationen wunderbar präzis, im tänzerisch schwungvollen Menuetto hatten die Hörner und im Schluss-Vivace die zarten Flöten und Oboen ihren glanzvollen Auftritt.

Die Zugabe für den herzlichen langen Beifall servierte Marcus Hartmann mit einem augenzwinkernden Appell an das Kurzzeitgedächtnis der Zuhörer – und wiederholte die Anfangskomposition, welche die Älteren an die in den 1970er-Jahren beliebte Fernsehshow „Erkennen Sie die Melodie?“ erinnert haben wird. Für die Jüngeren allerdings dürften solche Dinos der TV-Unterhaltung vermutlich kein Quiz-Thema mehr sein – damals waren eben doch noch andere Zeiten für die Popularität von Klassik.

Sommerkonzert 2017

Großen Applaus bekamen das Oberschwäbische Kammerorchester unter der Leitung von Marcus Hartmann für ein abwechslungsreiches Konzert mit bekannten Arien und Kompositionen des 18. bis 19. Jahrhunderts. (Fotos: Dorothee L. Schaefer)

Schwäbische Zeitung vom 16. Juli 2017