Dies ist eine alte Version des Dokuments!


Serenadenkonzert 2009

[float]

[/float]

WEISSENAU (fro) – Für ein Serenadenkonzert im Weißenauer Klosterhof hat leider das Wetter nicht mitgespielt. Gepasst hätte ein lauer Sommerabend gut zu den beiden musikalischen Entdeckungen dieses Konzerts: Franz Xaver Schnitzer und Franz Xaver Frenzel. Das Oberschwäbische Kammerorchester musizierte überzeugend unter dem neuen Leiter Marcus Hartmann.

Von Wolfram Frommlet

Was über viele Jahre die Musiker Erno Seifriz und Berthold Büchele an Musik, an Komponisten aus den Bibliotheken oberschwäbischer Klöster geholt und uns wieder zugänglich gemacht haben, sind allesamt Kleinodien. Meist sehr individuelle, sehr feingliedrige Werke aller Genres, die sich oft abheben von den barockalen Vielschreibern für den Adel.

Einen, der seine musikalische Sozialisation im Kloster Ottobeuren erfuhr, Franz Xaver Schnitzer, durfte man im Klostersaal Weißenau entdecken. Und hinter dem Titel der Ouvertüre „Mauritius Imperator” verbarg sich erfreulicherweise kein musikalisch-militaristisches Pathos, sondern eine festive, eine lebensfreudige Musik, die Marcus Hartmann frisch, zügig, aber eben nicht „massiv” spielen ließ.

Glanz ja, aber kein Pomp, die Streicher in kurzer, präziser Folge immer wieder zurückgenommen, war der vergessene Schnitzer ein galantes Entrée – zu einer weiteren Überraschung. Denn der barockal komponierende Franz Xaver Frenzel ist das Pseudonym für Friedemann Katt, der zwar auch als Organist im österreichischen Stift Heiligenkreuz eine klösterliche Musikerfahrung hat, nur dass er 1945 geboren ist.

Selbstironie und Weinleidenschaft

Seine Homepage gibt zwei sympathische Seiten preis: Selbstironie und Weinleidenschaft. Offen aber bleibt nach der Lektüre, ob er sich einen Spaß macht aus den Barockkollegen oder ob er, unheilbar nostalgisch, eine Allergie gegen die Moderne hat. „Eyne Wasser- und Jagdsymphonie” stellt uns Marcus Hartmann vor. Danach ist klar – weder ein Ulk noch ein Plagiat. Friedemann Katt, zweifellos fasziniert von der Klarheit kompositorischer Strukturen barockaler und frühklassizistischer Kompositorik, kreiert kein Neo-Gewächs, sondern eine differenzierte, eine kantige Programm-Musik.

Er bricht die vorgeblich eingängigen Taktformen, die höfische Perfektion von Jagd- und Tanzmustern mit intermezzihaften Miniaturen für Streicher, für Oboe, Fagott und Englischhorn – diese alle in exzellenter Klarheit musiziert. Ein dynamisch, ein spannungsreiches Dirigat.

Katt ist musikalisch um ein vielfaches nuancenreicher als die, wenngleich makellos musizierte Zugabe am Schluss des Konzertes: ein „Royal March” von Joseph Haydn, in dem er sehr viel „clotted cream” für seine sehr übbige Klienten serviert hat.

Und dann Beethoven, Sinfonie Nr. 2 in D-Dur. Eigentlich die dritte Überraschung. Weil Marcus Hartmann aus diesem doch recht kleinen „Liebhaber-Orchester” eine unvermutete Klangkraft herausholte, eine vier Sätze durchgängige Präsenz, eine Sicherheit in den entschiedenen Tempi, die das Avantgardistische dieser Sinfonie beeindruckend hören ließ.


Schwäbische Zeitung vom 25.6.2009