Bericht Sommer 2005

Eine Institution ist jung geblieben

Ravensburg – Zu den ältesten Amateurorchestern in der Region gehört das Oberschwäbische Kammerorchester. Gegründet wurde es 1968, also in einer Zeit, als das Kulturleben hier zu Lande wirklich provinziell war. An hochkarätigen Konzerten herrscht längst kein Mangel mehr. Und dennoch behauptet das Oberschwäbische Kammerorchester seinen Platz.

Von Anton Wassermann

Unter der Leitung des inzwischen verstorbenen Geigers und PH-Musikdozenten Joachim Dröge hatten sich ambitionierte Amateurmusiker und Schulmusiker aus Ravensburg und Umgebung zsammengefunden, um das Konzertleben im südlichen Oberschwaben zu fördern. Wenn man in den Chroniken der Gründungsjahre blättert, ist man erstaunt über die vielen eigenen Konzerte und sonstigen Auftritte des Oberschwäbischen Kammerorchesters, etwa bei Kirchenkonzerten mit heimischen Chören.

Seit seiner Gründung spielt man ausschließlich in Streicherbesetzung. Gelegentlich werden professionelle Bläser verpflichtet. Das schränkt das Repertoire erheblich ein. Das trifft in besonderem Maße für die ersten 15 Jahre zu, als Joachim Dröge den Taktstock führte. Dröge hatte in jungen Jahren in Weimar in einem Kammerorchester gespielt und die dort erlernte Literatur auch als Dirigent gepflegt. Erschwerend kam hinzu, dass der Dirigent krankheitsbedingt immer öfter und immer länger pausieren musste, ehe mit Reiner Schuhenn ein junger und ambitionierter Nachfolger gefunden wurde.

Der neue Dirigent, der unter anderem bei Nicolaus Harnoncourt studiert hatte, trimmte das Orchester auf eine historische Aufführungspraxis, wie sie sich mittlerweile allgemein durchgesetzt hat. Diese Zäsur führte auch zu einem größeren Umbruch in der Orchester-Zusammensetzung. Der langjährige Konzerztmeister Heinz Hübner wechselte mit seinem Pultkollegen Dieter Lohr zu den Bratschern, um nur zwei markante Beispiele zu nennen. Die Veränderungen vollzogen sich aber durchaus harmonisch.

Nach wenigen Jahren folgte Schuhenn einem Ruf nach Essen und später nach Köln. Die folgenden Jahre brachten erhebliche Turbulenzen. Innerhalb kurzer Zeit gab es zwei Dirigenten. Der erste kehrte unerwartet in sein Heimatland Israel zurück. Vom anderen trennte man sich nach nur einjähriger Zusammenarbeit. Seit 1998 sorgt Michel Wieder für neue Konstanz und ein eigenständiges künstlerisches Profil des Oberschwäbischen Kammerorchesters. Man beschränkt sich auf zwei Konzertauftritte im Jahr, arbeitet dafür akribisch genau an Details.

OKO im Winter 2004

Anspannung herrscht vor jedem Konzert. Ein gewisser Grad an Lampenfieber gehört auch bei den routinierten Mitgliedern des Oberschwäbischen Kammerorchesters zum Gelingen eines Auftritts dazu. Foto: privat

Schwäbische Zeitung, unbekanntes Datum, Sommer 2005